Das Wappen von Reutte

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Der Wappenstein an der Ehrenberger Klause. Die drei Tannen waren das Gerichtswappen von Ehrenberg, das Reutte übernahm. Daneben das Wappen des Pflegers von Ehrenberg, Burkhard Laymann zu Liebenau.

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Altes Siegel.

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Im 19. Jahrhundert gebräuchliche Wappendarstellung mit schildhaltendem Engel.

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Verbindliche Festlegung des Reuttener Wappens im Jahr 2000.

Um das Wappen von Reutte rankt sich eine interessante Wappensage.

Dieser zufolge seien nach der Rodung des Waldes drei Tannen stehen blieben unter denen die alten Reuttener tagten und Recht sprachen. Diese Sage deckt sich natürlich nicht mit dem historischen Befund.

Die Geschichte des Wappens stellt in der Tiroler Wappengeschichte einen Sonderfall dar. Bei der Markterhebung vom 5. Juni 1489 wird kein Wappen erwähnt. Im Jahr 1558 suchte daher der Markt Reutte beim Landesfürsten, Kaiser Ferdinand I., um Bewilligung eines im Entwurf vorgelegten Wappens und Siegels an. Die Innsbrucker Regierung sprach sich jedoch mit ihrem Gutachten vom 6. August 1558 dagegen aus. Das kaiserliche abschlägige Dekret datiert vom 13. September 1558.

Daraus ersieht man, dass zumindest im 16. Jahrhundert die Staatsbehörden nur solchen Märkten Siegel und Wappen zubilligten, denen die Gerichtsbarkeit und die damit verbundene politische Verwaltung zustanden. In den Tiroler Wappenbüchern von 1565 bis 1665 findet sich keine einzige Wappenverleihung oder -bestätigung für einen Markt. Die Mehrzahl der Tiroler Märkte verfügte allerdings so wie die Städte seit älterer Zeit über ein Wappen oder wenigstens über ein wappenähnliches Siegelbild, ohne dass in jedem Fall ein Ursprung oder gar Nachweis vorhanden gewesen wäre.
Das Reuttener Wappen geht, so wie andere Gemeindewappen Tirols auch, auf ein älteres Gerichtswappen zurück. 1558 besaß das Gericht Ehrenberg nachweislich eine Gerichtsfahne, die von Kaiser Ferdinand I. verliehen worden war, während Siegel und Wappen für Reutte im selben Jahr von ihm ausdrücklich abgelehnt wurden.

Für diese Gerichtsfahne gibt es ein – wenn auch sehr kleines – zeitgenössisches Zeugnis in der Landkarte von Mathias Burklechner vom Jahr 1611, die auf die Schlacht bei der Ehrenberger Klause von 1552 Bezug nimmt. Die Gerichtsfahne ist hier als kleiner dreieckiger Wimpel klar erkennbar.

Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass das Wappenbild dieser einstigen Gerichtsfahne vom Markt Reutte als Siegel und Wappen gewünscht, schließlich aber nach der Ablehnung auf eigene Faust verwendet wurde. Eine Bestätigung dieser Vermutung bringt uns die Wappendarstellung an der Ehrenberger Klause. Hier handelt sich nach dem heraldischen Befund nämlich nicht um das Wappen von Reutte, sondern um das ehemalige Wappen des Gerichtes Ehrenberg, das schließlich von Reutte verwendet wurde.

Seit dem ablehnenden Bescheid von 1558 waren nun über hundert Jahre vergangen, und in der Zwischenzeit hatte der Dreißigjährige Krieg gewütet. Der Markt Reutte verwendete ein Wappen, für das er keine landesfürstliche Genehmigung hatte. Nun sind zwei Versionen möglich.

Erstere ist, dass die Reuttener wirklich der Meinung waren, dass im Dreißigjährigen Krieg ihre Wappenfreiheit und Siegelgerechtigkeit – was ja wegen der Brandschatzung durch die Schweden keineswegs unwahrscheinlich gewesen wäre – in Verlust geraten seien. Nicht nur die Kriegswirren, sondern auch das Verstreichen von mehr als hundert Jahren, lassen diese Version durchaus glaubwürdig erscheinen. Die andere Version lautet, dass sie bewusst den Dreißigjährigen Krieg zum Vorwand genommen hätten, um mit dieser Behauptung beim Landesfürsten endlich ihr Wappen und Siegel zu erhalten. Für welche der beiden Versionen man sich entscheidet, beweisbar ist letztlich keine!

Tatsache ist, dass der Tiroler Landesfürst Sigmund Franz den Reuttenern wohlgesonnen war. Er bestätigte mit Urkunde vom 1. Februar 1664 auf Bitte des Marktes Reutte, die auch im Namen der umliegenden Orte der Pfarre Breitenwang ausgesprochen wurde, mehrere Privilegien, Ordnungen und Freiheiten, die ihnen von König Maximilian I. am 6. Juni 1494, von Kaiser Ferdinand I. am 8. August 1558 und 21. Jänner 1559 sowie von Erzherzogin Claudia vom 2. April 1644 verliehen worden waren. Überdies schenkte er ihnen Glauben und verlieh ihnen die alte, angeblich durch Kriegsunruhen verlorene Wappenfreiheit.

Eine grundlegende Abänderung des Reuttener Wappens erfolgte in jüngster Zeit durch die nationalsozialistischen Machthaber.

Schon 1939 wurden die Wappen des nunmehrigen Reichsgaues Tirol-Vorarlberg überprüft. Anstoß erregte neben besonderen religiösen Symbolen der österreichische Bindenschild rot-weiß-rot. Dieser fand sich in den Wappen von Imst, Reutte, Schwaz und Dornbirn. Er wurde bei den Wappen von Reutte, Schwaz und Dornbirn kurzerhand entfernt, ohne einen neuen Wappenbrief auszustellen. Imst hatte neben dem Bindenschild auch noch ein Kreuz, was dazu führte, dass Imst ein vollkommen neues Wappen mit Wappenbrief verordnet erhielt.

Tatsächlich gelangte dieses geänderte Wappen nie in den offiziellen Gebrauch, sodass 1945 keine ausdrückliche Rückkehr zum alten Wappen erfolgen musste. Im Jahr 2000 erfolgte im Einvernehmen mit dem Tiroler Landesarchiv eine verbindliche Normierung des Reuttener Wappens, die einerseits auf dem alten Wappengebrauch und andererseits auf der Darstellung an der Ehrenberger Klause beruht.

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