Kanal & Wasser - Kanalordnung

17.04.2014

Kanalordnung der Marktgemeinde Reutte

Auf Grund des § 4 des Gesetzes über öffentliche Kanalisationen (Tiroler Kanalisationsgesetzes 2000 – TiKG 2000), LGBl. Nr. 1/2001 wird verordnet:

§ 1. Allgemeine Bestimmungen und Begriffsbestimmungen

1. Begriffsbestimmungen

a. Öffentliche Kanalisation (Sammelkanal):
Das gesamte öffentliche Entwässerungssystem einschließlich aller technischen Einrichtungen, insbesondere Straßensammelkanäle, Abwasserpumpwerke, Regenentlastungsbauwerke sowie offene und geschlossene Gräben, soweit diese entsprechend ihrer jeweiligen Zweckbestimmung und im Einklang mit den Vorschriften des Wasserrechtes zur öffentlichen Abwasserbeseitigung benutzt werden.
b. Anschlusskanäle:
Sind jene Teile der öffentlichen Kanalisation, die die einzelnen Entsorgungsanlagen der Kanalbenützer mit dem Sammelkanal verbinden, und reichen vom Sammelkanal bis zur Trennstelle.
c. Entsorgungsanlage des Kanalbenützers (Hauskanal):
Die Entsorgungsanlage des Kanalbenützers umfasst ab der Trennstelle den Übergabeschacht, sowie die Kanalleitung (einschließlich Hauskanalteil auf öffentlichem Gut, sofern dies örtlich gegeben ist) und alle anderen Anlagen und Einrichtungen in Gebäuden, befestigten Flächen und auf Grundflächen, die der Sammlung, Vorbehandlung, Rückhaltung und Ableitung von Abwässern dienen, bis zur Einmündung in das öffentliche Kanalisationssystem.
d. Innerbetriebliche Vorreinigungsanlage:
Anlage, die zur innerbetrieblichen Vermeidung, Vorreinigung und/oder zum Konzentrations- bzw. Mengenausgleich dient. Die innerbetriebliche Vorreinigungs-anlage ist Bestandteil der Entsorgungsanlage des Kanalbenützers.
e. Abwässer:
Wasser, das infolge der Verwendung in Prozessen der Aufbereitung, Veredelung, Weiterverarbeitung, Produktion, Verwertung, Konsumation oder Dienstleistung sowie in Kühl, Lösche-, Reinigungs-, Desinfektions- oder sonstigen nicht natürlichen Prozessen in seiner Beschaffenheit derart verändert wird, dass es Gewässer in ihrer Beschaffenheit (§ 30 WRG 1959) zu beeinträchtigen oder zu schädigen vermag. Natürlich anfallendes oder künstlich erschlossenes Thermalwasser und Wasser aus Heilquellen oder Heilmooren, welches derartigen Prozessen unterworfen ist, gilt nicht als Abwasser.
f. Niederschlagswässer:
Wasser, das infolge natürlicher oder künstlicher hydrogeologischer Vorgänge als Regen, Tau, Hagel, Schnee oder ähnliches auf ein bestimmtes Einzugsgebiet fällt und an der Landoberfläche dieses Einzugsgebietes zu einem Gewässer abfließt oder durch technische Maßnahmen abgeleitet wird.
g. Kanalbenützer:
Kanalbenützer ist, wer auf Grund eines Entsorgungsvertrages mit dem Kanalisations-unternehmen und dem Abwasserverband Vils-Reutte und Umgebung befugt ist, Abwasser und Niederschlagswasser in die öffentliche Kanalisation einzuleiten. Der Kanalbenützer ist Indirekteinleiter im Sinne des § 32b WRG 1959.
h. Trennstelle
Ist die Schnittstelle zwischen der Entsorgungsanlage des Kanalbenützers und dem Anschlusskanal oder Sammelkanal der öffentlichen Kanalisation.
i. Abwasserverband Vils-Reutte und Umgebung
Der Abwasserverband Vils-Reutte und Umgebung übernimmt die Weiterleitung, Reinigung und Ableitung der Abwässer der Indirekteinleiter aus dem Einzugsbereich der Verbandskläranlage entsprechend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Abwasserverbandes Vils Reutte und Umgebung.

2. Anschlussbestimmungen

Gemäß den Bestimmungen des Tiroler Kanalisationsgesetzes besteht grundsätzlich im Anschlussbereich, Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation in der Marktgemeinde Reutte. Gemäß § 4 des Tiroler Kanalisationsgesetzes wird der Anschlussbereich in der Weise festgelegt, dass der Abstand zwischen der Achse des jeweiligen Sammelkanals und der Grenze des Anschlussbereiches mit 200 Metern (horizontale Entfernung) festgelegt wird.
Gemäß § 32b Wasserrechtsgesetz 1959 in der geltenden Fassung (WRG 1959, vgl. Anhang A) bedarf jede Einleitung in die öffentliche Kanalisation der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens.
Gemäß § 4, Abs. 2a des Tiroler Kanalisationsgesetzes

a. ist das Abwasser im gesamten Anschlussbereich und
b. das Niederschlagswasser aller Anlagen und Grundstücke, welche sich innerhalb des Schutzgebietes der Grundwasserversorgungsanlage Lüss (lt. Wasserrechtsbescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 10.2.1965, Zl. IIIa1-38/42, in die öffentliche Kanalisation einzuleiten;
c. darf Niederschlagswasser nicht in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden und ist auf eigenem Grund zur Versickerung zu bringen. Ist dies auf Grund bestimmter Umstände nicht möglich, wie Grundstücke und Anlagen, welche sich in Gebieten befinden, die eine Versickerung unmöglich machen bzw. auf Grund geologischer Gutachten und Bescheide verbieten, kann das Kanalisationsunternehmen der Einleitung von Niederschlagswasser in die öffentliche Kanalisation zustimmen.

3. Trennstelle

Die Trennstelle zwischen der öffentlichen Kanalisation und der Entsorgungsanlage des Kanalbenützers wird laut Tiroler Kanalisationsgesetz § 4, Abs. 2b wie folgt festgelegt:

a. bei offener Bauweise max. 1 Meter innerhalb des zu entwässernden Grundstückes, unmittelbar vor einem Übergabeschacht, welcher durch den Eigentümer der anschlusspflichtigen Anlage herzustellen ist. Der Übergabeschacht ist Teil der Entsorgungsanlage des Kanalbenützers und muss immer frei zugänglich sein;
b. bei geschlossener Bauweise unmittelbar an der Innenseite der Kellermauer vor einem Putzstück, welches durch den Eigentümer der anschlusspflichtigen Anlage anzubringen ist. Das Putzstück (Putzöffnung) ist Teil der Entsorgungsanlage des Kanalbenützers und muss immer frei zugänglich sein. Geschlossene Bauweise liegt vor, wenn eine anschlusspflichtige Anlage unmittelbar an das öffentliche Gut, in dem sich der Sammelkanal befindet, angrenzt (Außenwand Gebäude = Grundgrenze).
c. bei Anschluss der Entsorgungsanlage des Kanalbenützers direkt an den Verbandkanal des Abwasserverbandes Vils-Reutte und Umgebung, direkt am Verbandskanal.

Grenzt ein Grundstück, auf welchem sich eine anschlusspflichtige Anlage gem. § 5 des Tiroler Kanalisationsgesetzes befindet und welches innerhalb des Anschlussbereiches gem. Punkt 2 liegt, nicht an eine öffentliche Straße, in welcher sich ein Sammelkanal befindet, sondern wird verkehrsmäßig über einen Privatweg, Servitutsweg oder dgl. erschlossen, so wird die Trennstelle max. 1 Meter innerhalb des der öffentlichen Straße, in welcher sich der Sammelkanal befindet, nächstgelegenen Grundstückes (z.B. im Privatweg, Servitutsweg oder dgl.), unmittelbar vor einem Übergabeschacht, festgelegt. Der Übergabeschacht, welcher Teil der Entsorgungsanlage des Kanalbenützers ist, sowie die Kanalleitung bis zum Grundstück des Eigentümers der anschlusspflichtigen Anlage sind durch diesen herzustellen. Dies gilt auch für Entwässerungsanlagen deren Anschluss über fremden Grund derart durchgeführt wird.
Verläuft ein Sammelkanal durch Privatgrundstücke und befindet sich auf diesem Grundstück eine anschlusspflichtige Anlage oder wird der Anschluss einer Entwässerungsanlage gem. § 5 des Tiroler Kanalisationsgesetzes über fremden Grund derart durchgeführt, so wird die Trennstelle wie folgt festgelegt:

a. bei Anschluss des Hauskanals an den Sammelkanal in einen Schacht des Sammelkanals max. 1 Meter von der Außenkante des Schachtes, welcher zugleich Übergabeschacht ist;
b. bei Anschluss des Hauskanals an den Sammelkanal zwischen 2 Schächten des Sammelkanals max. 1,5 Meter von der Kanalachse des Sammelkanals entfernt, unmittelbar vor einem Übergabeschacht, welcher Teil des Hauskanals ist.

Bei Grundstücken, die durch Sammelkanäle, welche bereits vor Inkrafttreten des Tiroler Kanalisationsgesetzes vom 13.3.1985, LGBl. 40 idgF, errichtet wurden, erschlossen wurden, wird die Trennstelle gemäß der damaligen Festlegung unmittelbar am Sammelkanal festgelegt.

§ 2. Abschluss des Entsorgungsvertrages

  1. Der Abschluss eines Entsorgungsvertrages ist zu beantragen. Im Antrag sind Art und Umfang der beabsichtigten Abwassereinleitungen bekannt zu geben. Für die Einleitung von Abwasser, dessen Beschaffenheit nicht nur geringfügig von der des häuslichen Abwassers abweicht, ist dem Antrag ein detailliertes Projekt anzuschließen, welches auch die einzubringenden Stoffe, die Frachten, die Abwassermenge sowie andere Einleitungs- und Überwachungsgegebenheiten und die Mitteilung im Sinne des § 32b Abs. 2 WRG 1959 umfasst.
  2. Der Einleitung von Abwasser, dessen Beschaffenheit nicht nur geringfügig von der des häuslichen Abwassers abweicht, hat der Abwasserverband Vils-Reutte und Umgebung zuzustimmen.
  3. Der Antrag auf Abschluss eines Entsorgungsvertrages gilt nur mit schriftlicher Zustimmung des Kanalisationsunternehmens und des Abwasserverbandes Vils-Reutte und Umgebung.
  4. Die Zustimmung zur Einleitung von Abwässern in die öffentliche Kanalisation kann, soweit dies auf Grund bestehender Verpflichtungen erforderlich ist, befristet sowie mit Auflagen verbunden werden.
  5. Bei der Wiedererteilung der Zustimmung ist auf den sodann geltenden Stand der Technik, die einschlägigen Gesetze und Verordnungen sowie die behördlichen Bewilligungen für die öffentliche Kanalisation Bedacht zu nehmen.
  6. Eine Zustimmung zur Einleitung ist auch dann erforderlich, wenn eine im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 32b WRG 1959 (d.h. 12.7.1997) bereits bestehende wasserrechtliche Bewilligung durch Zeitablauf oder auf Grund der Übergangsbestimmung gemäß Art II der WRG Novelle 1997 erlischt.
  7. Das Kanalisationsunternehmen bzw. der Abwasserverband Vils-Reutte und Umgebung kann die weitere Übernahme der Abwässer des Kanalbenützers einschränken und/oder von der Erfüllung von (weiteren bzw. anderen) Auflagen abhängig machen, wenn dies auf Grund einer geänderten Rechtslage, im Hinblick auf die einschlägigen Gesetze und Verordnungen sowie die behördlichen Bewilligungen für die öffentliche Kanalisation, erforderlich ist (Änderungsvorbehalt).

§ 3. Entsorgungsanlage des Kanalbenützers (Hauskanal)

  1. Die Errichtung, Instandhaltung, Umlegung, Erweiterung oder Erneuerung der Entsorgungsanlage darf ausschließlich durch einen dazu Befugten vorgenommen werden.
  2. Die Errichtung, Umlegung, Erweiterung oder Erneuerung der Entsorgungsanlage hat nach dem Stand der Technik, den gesetzlichen Vorschriften und sonstigen einschlägigen Normen, insbesondere unter Einhaltung der ÖNORM B 2501 in der jeweils geltenden Fassung (Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke) und entsprechend den Anforderungen des Kanalisationsunternehmens zu erfolgen. Der Kanalbenützer hat sämtliche erforderlichen behördlichen Bewilligungen einzuholen.
  3. Jeder Kanalbenützer hat sich selbst durch entsprechende bauliche Vorkehrungen (Pkt. 6.5 ÖNORM B 2501 in der jeweils geltenden Fassung) gegen Kanalrückstau zu sichern.
  4. Soweit die Beschaffenheit des Abwassers mehr als nur geringfügig von der des häuslichen abweicht, hat der Kanalbenützer zur Überwachung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen Normen sowie entsprechend den vom Kanalisationsunternehmen und/oder der Behörde erteilten Auflagen die erforderlichen baulichen Vorkehrungen (z.B. Schächte zur Probenahme, Prüfschächte) auf eigene Kosten zu treffen.
  5. Umlegungen, Erweiterungen und Erneuerungen bestehender Entsorgungs-anlagen sind dem Kanalisationsunternehmen 14 Tage vor Baubeginn anzuzeigen.
  6. Soweit Maßnahmen Einfluss auf den bestehenden Entsorgungsvertrag, insbesondere hinsichtlich des Anschlusses oder des Umfanges und der Art der zu entsorgenden Abwässer sowie die innerbetrieblichen Vorreinigungsanlagen betreffend haben, sind solche Veränderungen erst nach gesonderter vertraglicher Regelung mit dem Kanalisationsunternehmen zulässig.
  7. Der Kanalbenützer hat das Kanalisationsunternehmen unverzüglich von der Fertigstellung des neuen Kanalanschlusses bzw. von der Beendigung der Umlegungs-, Erweiterungs- oder Erneuerungsarbeiten an bestehenden Entsorgungsanlagen in Kenntnis zu setzen (Fertigstellungsanzeige). Der Fertigstellungsanzeige sind die im Rahmen der Zustimmungserklärung vom Kanalisationsunternehmen geforderten Unterlagen anzuschließen.
  8. Die Entsorgungsanlage ist ausreichend zu warten und in einem Zustand zu erhalten, der den Anforderungen einer hygienisch einwandfreien, unschädlichen, belästigungsfreien und umweltschonenden Entsorgung entspricht.
  9. Die Entsorgungsanlage ist so zu betreiben, dass Störungen anderer Kanalbenützer oder des öffentlichen Kanalisationssystems nicht zu erwarten sind.
  10. Sämtliche im Zusammenhang mit der Entsorgungsanlage entstehenden Kosten, insbesondere die Kosten für die Errichtung, Instandhaltung und den Betrieb der Entsorgungsanlage, sind vom Kanalbenützer zu tragen.

§ 4. Wasserrechtliche Bewilligung

  1. Das Kanalisationsunternehmen ist auf Grund gesetzlicher Bestimmungen und behördlicher Auflagen verpflichtet, sämtliche Abwassereinleitungen dahingehend zu überprüfen, ob diese in das öffentliche Kanalisationssystem des Kanalisationsunternehmens eingeleitet werden dürfen.
  2. Dessen ungeachtet ist jeder Kanalbenützer für die Einhaltung der in den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen normierten Einleitungsbeschränkungen, insbesondere der Grenzwerte gemäß der jeweils maßgeblichen Abwasseremissionsverordnung, verantwortlich.
  3. Soweit erforderlich, hat er vor der Einleitung der betreffenden Abwässer in das öffentliche Kanalisationssystem eine gesonderte wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 32b Abs. 5 WRG 1959 selbständig und unaufgefordert einzuholen.
  4. Eine solche wasserrechtliche Bewilligung ersetzt nicht die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens (Abschluss eines Entsorgungsvertrages).

§ 5. Art und Umfang der Abwässer (Einleitungsbeschränkungen)

  1. Bei der Einleitung von Abwässern und Abwasserinhaltsstoffen in das öffentliche Kanalisationssystem ist unter Bedachtsame auf den Stand der Abwasserreinigungstechnik und auf die Möglichkeiten zur Verringerung des Abwasseranfalles, bei gefährlichen Abwasserinhaltsstoffen auch auf die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Vermeidung, darauf zu achten, dass
    a. Einbringungen von Abwasserinhaltsstoffen und Wärmefracht nur im unerlässlich notwendigen Ausmaß erfolgen;
    b. Einsparung, Vermeidung und Wiederverwertung von Stoffen, die ins Abwasser gelangen können sowie von Energie, Vorrang haben vor Abwasserbehandlungsmaßnahmen;
    c. Abwasserinhaltsstoffe möglichst unmittelbar am Ort der Entstehung oder des Einsatzes zurückgehalten werden (Teilstrombehandlung).
  2. Soweit diese Grundsätze der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung in den branchenspezifischen Emissionsordnungen modifiziert worden sind, sind diese maßgeblich.
  3. In das öffentliche Kanalisationssystem dürfen solche Abwässer nicht eingeleitet werden, die auf Grund ihrer Inhaltsstoffe
    a. die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben oder Gesundheit gefährden oder
    b. das im öffentlichen Kanalisationssystem beschäftigte Personal gefährden oder gesundheitlich beeinträchtigen oder
    c. mit den wasserrechtlichen Genehmigungen des öffentlichen Kanalisationsnetzes sowie der Kläranlage bzw. einer wasserrechtlichen Bewilligung des Kanalbenützers nicht vereinbar sind oder
    d. die Abwasserreinigung, Schlammbehandlung, Schlammbeseitigung oder Schlammverwertung in der Kläranlage wesentlich erschweren, verhindern oder
    e. das öffentliche Kanalisationssystem in seinem Bestand angreifen oder seine Funktionsfähigkeit oder Unterhaltung gefährden, erschweren oder behindern,
    soweit nicht vertraglich anderes vereinbart wurde.
  4. Wer Einleitungen in das öffentliche Kanalisationssystem vornimmt, hat gemäß § 32b Abs. 1 WRG 1959 die in der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung bzw. die in den branchenspezifischen Abwasseremissionsverordnungen in der jeweils geltenden Fassung erlassenen Emissionsbegrenzungen einzuhalten. Solange keine entsprechende branchenspezifische Abwasseremissionsverordnung in Kraft ist, gelten, soweit im Einzelfall nichts anderes vereinbart wurde, die Emissionsbegrenzungen der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung.
  5. Das Erreichen von Grenzwerten durch Verdünnung der Abwässer ist gemäß § 33 b Abs. 8 WRG 1959 ausdrücklich verboten.
  6. Die Emissionsbegrenzungen gelten daher auch für Teilströme (Gebot der Teilstrombehandlung), ausgenommen der Parameter Abwassertemperatur.
  7. Von der Einleitung in das öffentliche Kanalisationssystem sind insbesondere Abwässer mit folgenden Inhaltsstoffen ausgeschlossen, soweit nicht abweichende Vereinbarungen getroffen wurden oder die Einleitung auf Grund der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung oder einer branchenspezifischen Abwasseremissionsverordnung zulässig ist:
    a. Abfälle oder Müll aller Art, auch in zerkleinertem Zustand, wie insbesondere Sand, Schlamm, Schutt, Asche, Kehricht, Küchenabfälle, insbesondere auch aus Gastgewerbebetrieben, Jauche und Abfälle aus der Tierhaltung (z.B. Katzenstreu), Textilien, grobes Papier, Glas oder Blech;
    b. explosive, feuer- oder zündschlaggefährliche Stoffe, säure-, fett- oder ölhaltige Stoffe, infektiöse oder seuchenverdächtige Stoffe, Gifte, gifthaltige oder radioaktive Stoffe oder Gegenstände, die radioaktive Stoffe enthalten oder an deren Oberfläche sich solche Stoffe befinden, ferner sonstige schädliche Stoffe und Stoffe, die schädliche oder übelriechende Ausdünstungen verbreiten, wie insbesondere Benzin, Benzol, Nitroverbindungen, Chlorlösungen, halogenierte Kohlenwasserstoffe, Zyanide, Arsenverbindungen, Karbid, Öle, Phenole oder Antibiotika;
    c. chemische oder biologische Mittel, die zum Ziel haben, tierische, pflanzliche, mineralische oder synthetische abscheidbare Fette und Öle zu spalten oder zu verflüssigen. Die Wirksamkeit von Abscheideanlagen darf keinesfalls beeinträchtigt werden.
  8. Die höchstzulässige Temperatur der in das öffentliche Kanalisationssystem eingeleiteten Abwässer beträgt 35 °C, soweit nicht durch die Emissionsverordnungen oder vertraglich abweichende Regelungen getroffen werden. Kurzzeitige Temperaturüberschreitungen aus Haushalten und Kleingewerbebetrieben werden jedoch geduldet.
  9. Die stoßweise Einleitung von Abwässern in das öffentliche Kanalisationssystem ist weitestgehend zu vermeiden.
  10. Wird der ordentliche Betrieb, die Wartung oder die Wirksamkeit der öffentlichen Kanalisationdurch eine stoßweise Einleitung größerer Abwassermengen gefährdet oder beeinträchtigt, so sind diese Abwassermengen durch geeignete Rückhaltemaßnahmen auf einen entsprechenden Zeitraum verteilt gleichmäßig einzuleiten. Die Rückhaltemöglichkeiten haben auch auf etwaige Betriebsstörungen und -unfälle Bedacht zu nehmen.
  11. In das öffentliche Kanalisationssystem dürfen keine Anlagen einmünden, die zur Ableitung von Abluft, Dämpfen oder Abgasen dienen.

§ 6. Rückhaltung unzulässiger Abwasserinhaltsstoffe (Innerbetriebliche Vorreinigungsanlagen)

  1. Besteht bei der Einleitung von Abwasser, dessen Beschaffenheit nicht nur geringfügig von der des häuslichen Abwassers abweicht, die Möglichkeit, dass schädliche oder sonstige unzulässige Stoffe im Abwasser enthalten sind, oder dass Emissionsbegrenzungen hinsichtlich solcher Stoffe überschritten werden, so sind Anlagen und/oder Maßnahmen vorzusehen, damit diese Stoffe zurückgehalten und/oder so behandelt werden können, dass ihre Belastung im zulässigen Rahmen liegt.
  2. Solche innerbetrieblichen Vorreinigungsanlagen sind insbesondere Gitterroste und Siebe, Schlammfänge, Neutralisations-, Spalt-, Entgiftungs- und Desinfektionsanlagen, Vorkläranlagen sowie Mineralöl- und Fettabscheider.
  3. Es ist hierbei auch auf etwaige Betriebsstörungen und -unfälle Bedacht zu nehmen (z.B. durch Rückhalte-, Absperr- oder Notausschaltmöglichkeiten).
  4. Diese Anlagen sind in regelmäßigen Abständen von dazu Befugten zu entleeren, zu reinigen, zu warten und auf ihre Funktionstauglichkeit hin zu überprüfen. Über Zeitpunkt und Art von Reinigungs-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an innerbetrieblichen Vorreinigungsanlagen sind Wartungsbücher zu führen, aus denen auch die Art der Beseitigung des Räumgutes ersichtlich ist.
  5. Abscheidegut und sonstige zurückgehaltene Stoffe dürfen weder an dieser noch an einer anderen Stelle dem öffentlichen Kanalisationssystem zugeführt werden.

§ 7. Unterbrechung der Entsorgung

  1. Die Entsorgungspflicht des Kanalisationsunternehmens ruht, solange Umstände, die abzuwenden außerhalb der Macht des Kanalisationsunternehmens und des Abwasserverbandes Vils-Reutte und Umgebung stehen, die Übernahme oder Reinigung der Abwässer ganz oder teilweise verhindern. Ist die Entsorgung unterbrochen, so ist das Kanalisationsunternehmen verpflichtet, alle ihm zumutbaren Maßnahmen zu treffen, damit die Entsorgung ehestmöglich fortgesetzt werden kann.
  2. Die Übernahme der Abwässer durch das Kanalisationsunternehmen kann wegen Vornahme betriebsnotwendiger Arbeiten, zur Vermeidung einer drohenden Überlastung des öffentlichen Kanalisationssystems oder aus sonstigen betrieblichen Gründen eingeschränkt oder unterbrochen werden. Das Kanalisationsunternehmen wird dafür Sorge tragen, dass solche Einschränkungen und Unterbrechungen möglichst vermieden bzw. kurz gehalten oder durch Kompensationsmaßnahmen minimiert werden.
  3. Beabsichtigte Unterbrechungen der Entsorgung werden rechtzeitig in ortsüblicher Weise bekannt gegeben oder abgestimmt, es sei denn, Gefahr ist im Verzug.
  4. Das Kanalisationsunternehmen kann die Übernahme der Abwässer des Kanalbenützers bei Gefahr im Verzug sofort unterbrechen, einschränken oder die weitere Übernahme vom Abschluss besonderer Vereinbarungen abhängig machen, wenn der Kanalbenützer gegen die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und sonstigen Normen, behördliche Auflagen, oder die wesentlichen Bestimmungen des Entsorgungsvertrages verstößt.

§ 8. Auskunft, Meldepflicht und Zutritt

  1. Der Kanalbenützer hat dem Kanalisationsunternehmen alle das Entsorgungsverhältnis betreffenden Auskünfte, insbesondere die zur Ermittlung der Kanalanschlussgebühr bzw. der Kanalbenützungsgebühr erforderlichen Informationen sowie Auskünfte hinsichtlich der eingeleiteten Abwässer zu erteilen und Einsicht in die Wartungsbücher sowie sonstige die Abwassereinleitung betreffende Unterlagen zu gewähren.
  2. Wer Abwasser einleitet, dessen Beschaffenheit mehr als nur geringfügig von der des häuslichen Abwassers abweicht, hat dem Kanalisationsunternehmen bzw. dem Abwasserverband Vils-Reutte und Umgebung im Sinne des § 32b WRG 1959 im Abstand von längstens zwei Jahren einen Nachweis über die Beschaffenheit der Abwässer durch einen Befugten zu erbringen (§ 32b Abs. 3 WRG 1959).
  3. Die in § 4 IEV oder sonstigen Verordnungen rechtlich festgelegten Mindest-erfordernisse sind jedenfalls einzuhalten, soweit nicht vertraglich zusätzliche Überwachungsmodalitäten (z.B. für die Eigenüberwachung anderer, nicht gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe oder andere Überwachungshäufigkeiten) festgelegt werden.
  4. Sollte im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung keine Auswahl der für das einzuleitende Abwasser maßgeblichen gefährlichen Abwasserinhaltsstoffe für die Überwachung erfolgt sein, sind die für die einschlägige Betriebskategorie typischen gefährlichen Abwasserinhaltsstoffe in die Überwachung einzubeziehen.
  5. Für die Überwachungshäufigkeiten und -qualitäten gelten in diesem Fall die für den konkreten Betrieb des Indirekteinleiters einschlägigen Regelungen (Abwasseremissionsverordnungen, ÖWAV-Regelblatt 33 „Überwachung wasserrechtlich nicht bewilligungspflichtiger lndirekteinleiter" etc.).
  6. Der Kanalbenützer ist verpflichtet, dem Kanalisationsunternehmen alle Daten bekannt zu geben, die zur Erfüllung der Verpflichtungen nach § 32b (lndirekteinleiterkataster) und § 55a WRG 1959 (EU-Berichtspflicht) erforderlich sind.
  7. Der Kanalbenützer hat dem Kanalisationsunternehmen unverzüglich Störungen in der Entsorgungsanlage, insbesondere in der innerbetrieblichen Vorreinigungsanlage zu melden, sofern davon das öffentliche Kanalisationssystem des Kanalisationsunternehmens betroffen sein kann, insbesondere wenn unzulässige Abwassereinleitungen zu befürchten sind.
  8. Jede unzulässige Einleitung sowie jede ernsthafte Gefahr einer solchen ist dem Kanalisationsunternehmen umgehend anzuzeigen. Der Kanalbenützer ist verpflichtet, sofort geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um unzulässige Abwassereinleitungen verlässlich zu unterbinden. Erforderlichenfalls ist die gesamte Abwasserentsorgung bis zur Behebung des Störfalles einzustellen.
  9. Zum Zwecke der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Entsorgungsvertrages hat der Kanalbenützer den vom Kanalisationsunternehmen dazu beauftragten Kontrollorganen jeweils den erforderlichen Zutritt zu allen abwasserrelevanten Anlagen zu gewähren. Solche Überprüfungen dürfen nicht zur Unzeit erfolgen, es sei denn, Gefahr ist im Verzug.
  10. Das Kanalisationsunternehmen verpflichtet sich, Geschäfts- und Betriebs-geheimnisse, die ihm auf Grund des Entsorgungsvertrages bekannt geworden sind, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu wahren.

§ 9. Haftung

  1. Beide Vertragsteile haften für die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen.
  2. Bei Betriebsstörungen oder Außerbetriebsetzung des öffentlichen Kanalisationssystems sowie bei Auftreten von Mängeln und Schäden, die durch Rückstau in Folge von Naturereignissen (z.B. Hochwasser, Wolkenbrüche, Schneeschmelze) oder durch Hemmungen im Wasserlauf hervorgerufen werden, hat der Kanalbenützer keinen Anspruch auf Schadenersatz oder Minderung der Kanalbenützungsgebühr. Als derartige Hemmungen im Wasserlauf sind etwa Reparatur- oder Reinigungsarbeiten im öffentlichen Kanalisationssystem anzusehen.
  3. Das Kanalisationsunternehmen ist im Rahmen aller zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten verpflichtet, dem Eintritt von Störungen vorzubeugen bzw. Störungen zu beseitigen.
  4. Der Kanalbenützer haftet dem Kanalisationsunternehmen für alle Schäden, die diesem durch den nicht ordnungsgemäßen Zustand seiner Entsorgungsanlage zugefügt werden; insbesondere haftet der Kanalbenützer für Schäden, die dem Kanalisationsunternehmen durch einen mangelhaften Zustand oder die unsachgemäße Bedienung von innerbetrieblichen Vorreinigungsanlagen entstehen.
  5. Kommt es zu unzulässigen Einleitungen in das öffentliche Kanalisationssystem, so hat der Kanalbenützer dem Kanalisationsunternehmen bzw. dem Abwasser-verband Vils-Reutte und Umgebung, alle dadurch verursachten Schäden sowie die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten, insbesondere jene für die notwendige Ermittlung und Bewertung der Schadstofffrachten einschließlich des Versuchs des Kanalisationsunternehmens zur Entschärfung oder Beseitigung der unzulässigen Abwässer und der Unterbindung weiterer Einleitungen dieser Art zu ersetzen.
  6. Werden durch nachweislich unzulässige Einleitungen Dritte geschädigt, so ist das Kanalisationsunternehmen gegenüber deren Ersatzansprüchen freizustellen.
  7. Der Kanalbenützer haftet dem Kanalisationsunternehmen für die Einhaltung der Bestimmungen des Entsorgungsvertrages, insbesondere der Kanalordnung durch seine Dienstnehmer bzw. Beauftragten sowie durch all jene Personen, die befugt sind, die betreffende Entsorgungsanlage mitzubenützen (Haushaltsangehörige, Bestandnehmer u.a.).

§ 10. Kündigung des Entsorgungsvertrages und Einstellung der Übernahme der Abwässer

  1. Der Kanalbenützer ist berechtigt, unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist den Entsorgungsvertrag mit dem Kanalisationsunternehmen schriftlich zu jedem Monatsletzten zu kündigen, soweit eine Kündigung im Hinblick auf die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere jene des Wasserrechtsgesetzes (WRG 1959) und des Tiroler Kanalisationsgesetzes (insbesondere den Anschlusszwang betreffend) zulässig ist.
  2. Das Kanalisationsunternehmen ist berechtigt, den Entsorgungsvertrag unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten zu kündigen, wenn seitens des Kanalbenützers gegen den Entsorgungsvertrag trotz schriftlicher Mahnung wiederholt verstoßen wurde.
  3. Das Kanalisationsunternehmen ist berechtigt, nach vorheriger schriftlicher Androhung und unter Setzung einer angemessenen Nachfrist im Falle der Nichteinhaltung wesentlicher Vertragsbestimmungen oder sonstiger die Kanalbenützung betreffender Vorschriften die Übernahme der Abwässer des Kanalbenützers gänzlich einzustellen.
    Gründe für eine solche Einstellung können insbesondere sein:
    a. Einleitung unzulässiger Abwasserinhaltsstoffe;
    b. Verletzung der Melde- und Auskunftspflichten sowie Verweigerung des Zutrittes zu Kontrollzwecken;
    c. unzulässige bauliche Veränderungen an der Entsorgungsanlage mit Auswirkungen auf den Bestand der Kanalanlagen und der Abwasserreinigungsanlage;
    d. Nichtentrichtung fälliger Gebühren;
    e. störende Einwirkungen auf die Entsorgungsanlagen anderer Kanalbenützer sowie auf das öffentliche Kanalisationssystem;
    f. Nichtbehebung von Mängeln.
  4. Unmittelbar nach Beendigung des Entsorgungsverhältnisses hat der Kanalbenützer seinen Kanalanschluss (Entsorgungsanlage), auf eigene Kosten von einem dazu befugten Fachunternehmen entsprechend den technischen Anforderungen des Kanalisationsunternehmens stilllegen zu lassen. Über die endgültige Stilllegung hat der Kanalbenützer dem Kanalisationsunternehmen einen geeigneten Nachweis (z.B. Bestätigung des durchführenden befugten Unternehmens) vorzulegen.
  5. Die Wiederaufnahme der durch das Kanalisationsunternehmen unterbrochenen oder eingestellten Entsorgung erfolgt nur nach Beseitigung oder Behebung der für die Unterbrechung oder Einstellung maßgeblichen Gründe und nach Erstattung sämtlicher dem Kanalisationsunternehmen im Hinblick auf zutreffende Unterbrechungs- oder Einstellungsgründe entstandenen Kosten durch den Kanalbenützer, sofern dieser Verursacher der Störung, Unterbrechung oder Einstellung der Entsorgung war.
  6. Bei einem Wechsel in der Person des Kanalbenützers hat der künftige Kanalbenützer einen neuen Entsorgungsvertrag beim Kanalisationsunternehmen bzw. beim Abwasserverband Vils-Reutte und Umgebung zu beantragen.

§ 11. Schlußbestimmungen

Diese Verordnung tritt nach Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft und ersetzt alle vorangegangenen Verordnungen (Kanalordnung).

Reutte, den 17.04.2014

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